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Montag, 23. August 2021Unterwegs im Land der tausend Seen![]() Dieser Eintrag ist dem Inhaber vom Autohaus Setzkorn in Sietow gewidmet, der am ersten Tag unserer Reise meinte: "bleibt bloß am Wasser - im Norden ist es gruselig". Danke - Herr Setzkorn - zu spät... Wir sind in über 30 Stunden etwas mehr als 400 km Rad gefahren, haben schöne Orte, viel Wasser, verlassene Dörfer, verlassene Häuser, verlassene Menschen? gesehen, sämtliche Bundesstraßen Mecklenburg-Vorpommerns kennengelernt und mehr als einmal den straßenbegleitenden Radweg gesucht. Wir kommen pünktlich weg. Ein Wunder! Andreas ruft von unterwegs die Werkstatt seines Vertrauens wegen einer Inspektion unseres Autos an. Wir sind schon einige Kilometer drüber. Aber Firma Bultink ist ein Opfer des Hochwassers geworden und öffnet evtl. erst Ende August wieder. Eventuell. Schlauer Fuchs wie Andreas nun mal eben ist, sucht er gleich eine Werkstatt in Waren oder zumindest in der Nähe. Damit hätte sich dann auch die Autoabstellmöglichkeit geklärt, die es für uns nur am Büro der Mecklenburger Radtour gegeben hätte, also weit draußen. Google findet eine Hyundai-Werkstatt einige Kilometer vor Waren. Andreas ist ganz begeistert. Ich halte das für eine Schnappsidee. Was, wenn die Werkstatt Samstag nicht geöffnet hat...wie wollen wir das Auto pünktlich am Freitag abholen. Wir haben am Freitag eine längere Tour von Neustrelitz nach Waren zu fahren...und nehmen wir mal an, es regnet. Dann kommt man nicht so schnell voran. Oder wir können erst Mittags fahren...aus welchen Gründen auch immer...krank...Platten...oder der besagte Regen. Und so Autohäuser schließen doch meistens um 17 Uhr...gerade Freitags... Andreas wischt meine Bedenken an die Seite...das klappt schon. Herr Setzkorn macht die Inspektion...aber an dem Freitag müssen wir das Auto um vier abholen. (Was ich wiederum auch merkwürdig finde. Wenn jemand bis 17 Uhr geöffnet hat, warum muss man dann um sechzehn Uhr kommen!?) Andreas ist total zuversichtlich...klar schaffen wir das. "Natürlich", sagt Herr Setzkorn,"Sie sind doch mit dem ebike unterwegs...da schafft man doch 50 km in 3 Stunden." Er interessiert sich sehr für unsere Fahrradtour und meint: "aber bleibt am Wasser, fahrt nicht in den Norden." "Leider", sage ich, "müssen wir in den Norden". Also, das Auto wird morgen früh hier abgeliefert...und von hier aus starten wir dann unsere Radtour. Das heißt aber auch, dass wir das erste Drittel der heutigen Tagesetappe nicht mit dem Rad erfahren können...und ich muss doch alle Wege immer vollständig gehen...in diesem Falle fahren. Andreas meint, dass wir ja beim Autoabholen die ersten 15 km der Anfangsetappe noch fahren. Ich bezweifele ja immer noch, dass das überhaupt alles klappt. Jetzt erst einmal zum Hotel Am Tiefwarensee...schön liegt es mit einem bezaubernden Garten am Tiefwarensee. Hier gibt es überall Badestellen und man fährt Tret- und Ruderboot...die Häuser gegenüber haben einen eigenen Wasserzugang. Unser Zimmer ist riesig groß und liegt im Erdgeschoss. Ich muss mich erst einmal verpflastern...wir sind noch nicht losgefahren, und ich bin bereits am Bein verletzt. Auf einem Rastplatz habe ich mir am Autogepäckanhänger das Bein gestoßen. In meiner Kosmetiktasche ist das Shampoo ausgelaufen. Muss ich jetzt meine Haare mit Andreas Schauma for Men Shampoo waschen...o nee... Außerdem habe ich ein Problem mit Andreas Koffereinteilung. Fies wie ich bin, möchte ich ja immer, dass jeder seinen eigenen Koffer packt. Aber mein Mann hatte die Wahnsinssidee zu Hause: in den einen Koffer alles für die Radtour einzupacken und in den anderen die Dinge, die man außerhalb des Radfahrens braucht. HALLO! Ich habe durchaus Schuhe, die ich zum Bummeln und Radfahren anziehen kann. In welchen Koffer gehören die dann? So ist alles durcheinander eingepackt...und ehrlich gesagt, ich finde überhaupt nichts mehr wieder. Das Restaurant im Hotel ist ausgebucht...ich reserviere für nächsten Freitag. "Aber nicht so früh," sagt der Held, "schließlich haben wir Freitag ordentlich etwas vor der Brust...das wird stressig..." Nicht, das ich das nicht wüsste, ha...ha... Ich reserviere also für halb sieben...dann starten wir mit den Rädern in die Altstadt und sehen sofort den Ratskeller. Da sind gerade ein paar Tische frei...einer sogar in einem Schaukelwagen. Da sitzen wir dann gemütlich und essen und trinken lecker ein Weinchen. Unser Kellner, Herr König, empfiehlt uns den Publikumsliebling: den Mürli... eine Müritzer Spezialität. Andreas meint: schmeckt wie Jägermeister. Der Kellner ist empört, und wir müssen einen weiteren trinken, damit wir merken, dass es definitiv zwar ein Kräuterschnaps ist aber nichts mit dem Jägermeister zu tun hat. Ansonsten hält Herr König nicht viel von den Nordlichtern, da kann Andreas noch so viel beteuern, dass wir aus Nordrhein-Westfalen kommen. Er hat mal in Münster gearbeitet und von den NRWlern hält er genauso wenig. 1. Tag von Waren bis Malchau Wir geben unser Auto in Sietow ab. Herr Setzkorn meint noch, keinen Stress nächste Woche. Wenn es irgendwie bis zur vereinbarten Zeit nicht klappt, bitte anrufen, es bleibt auch jemand länger. Geht doch... Die Sonne scheint, wir machen ein Foto mit jeder Menge Sonnenblumen, fahren einen straßenbegleitenden Radweg (noch ahnen wir nicht, wieviele hundert Straßen wir noch fahren werden)...bis Klink...dann Grabenitz...rechts Felder...links Felder...einige Häuser...manche sehen bewohnt aus...manche richtig verlassen...alles sehr dörflich. Wir fahren eine asphaltierte Straße durch einen Wald...und treffen auch viele Radfahrer. In Göhren sieht es etwas schicker aus. Hier ist Tourismus...und es gibt einen Minimarkt am Markplatz. Wir sitzen in der Sonne und trinken ein Lübzer Naturradler. Nachdem Andreas unseren Gartentisch repariert hat, fahren wir weiter. In Malchau landen wir im Sporthotel. Das Zimmer ist sehr klein. Wohin mit unseren Koffern. "Tja", sagt Andreas, "hättest du jetzt so gepackt, wie ich es vorgeschlagen habe, bräuchten wir nur einen Koffer auszupacken." Ich glaub, ich spinne...selbstverständlich muss ich an den zweiten Koffer, denn da sind ja meine Ausgehschuhe und mein Ausgehblüschen drin. Und die sollte ich ja nicht in den Radfahrkoffer packen. Bescheuert... In Malchau ist die Hölle los. An der Drehbrücke soll es lt. Herrn Setzkorn einen tollen Italiener geben. Aber dort sitzt man nicht schön. das gefällt Andreas nicht. Der andere Italiener hat alles reserviert. Der von Komoot empfohlene Grieche ist restlos ausgebucht. Schließlich landen wir beim Insulaner...dort dürfen wir essen, wenn wir bis halb acht fertig sind...mit Blick auf den See und das Essen ist total lecker. Zum Nachtisch gibts ein Eis auf der Hand vom tollen Italiener...das ist irre gut, und wir wandern noch zum Kloster und etwas am Hafen entlang und kommen gerade wieder an der Drehbrücke an, als sie "gedreht" wird, so daß ein größeres Schiff vorüberfahren kann. Andreas schläft leider sofort ein...und ich kriege vor 3 Uhr kein Auge zu. So bin ich natürlich am nächsten Tag wie gerädert...und rege mich noch mehr über dieses blöde Koffersystem auf. Andreas sitzt schön auf seinem Bett - in Ermangelung von Stühlen, muss man hier nämlich auf dem Bett sitzen, wenn man sitzen möchte - und sagt nur: "ach, wenn du gerade dabei bist, gib mir doch mal meine Strümpfe." Ich knalle sie ihm an den Kopf...selbstverständlich liegen sie in Augenähe und mein T-Shirt finde ich naürlich nicht. Andreas versucht, seine Strümpfe zu fangen oder meinem Wurf auszuweichen...so genau lässt sich das nicht mehr rekonstruieren, da macht es "knacks" und er bricht mit seinem Bett zusammen. Das macht mir Spaß...aber Andreas findet das nicht lustig. Er puhlt sich von der Matraze hoch...und ist sauer. 2. Tag von Malchau bis Plau am See Das Frühstück ist einfach. Wir sind schnell fertig. Andreas beichtet noch den Zusammenbruch und wir kaufen beim Minimarkt etwas Proviant für unterwegs. Dann radeln wir auf einer asphaltierten Straße durch einen zauberhaften Wald, dann wird aus dem asphaltierten Weg ein schöner sandiger Wald- und Kiesweg, aber weiter Richtung Schwerin...eine Bundesstraße. Wir suchen ihn: den straßenbegleitenden Radweg. Vielleicht war mal hier einer. Jetzt gibt es überall Baustellen, denn die Telekom legt Glasfaser. Sehr schön...aber nicht für uns. Komoot meint auch, das ist dumm und führt uns über einen singletrail S 0 (befahrbar, aber schwierig) am Plauer See entlang. Hübsche gediegene Villen rechts vom Wasser. Wir fahren an vielen Boots- und Badeanlegestellen vorbei. Wo ist deine Badehose, Andreas? In welchem Koffer? Gehört sie nun mit zur Fahrradtour oder zum Weggehdress?? Der See bietet sich zum Picknicken an. Es geht weiter mit der nächsten Bundesstraße...ist es nun die B103 oder die 104 oder gar die 108? Egal...die Autos rasen gleich schnell. Es gibt auch keinen straßenbegleitenden Radweg. Andreas versucht immer wieder nach Komoot-Ansagen durch die schnuckeligen Domizile zu fahren. Wir ernten auch böse Blicke und dann hämische, weil es eben nicht weiter geht, und wir immer wieder zurück radeln müssen. Dann sind wir in Plau. Menschenmassen...und ein Klo. Wo ist denn jetzt schon wieder mein Mann. Hier ist ein schönes Fischrestaurant. Vielleicht könnte man hier später essen gehen. Das Parkhotel hat 4 Sterne...wir haben aber wirklich wieder das kleinste Zimmer, welches es hier wohl gibt. Habe ich schon von meinem Kofferproblem erzählt? Hoffentlich gibt es bald soviel dreckige Wäsche, dass man einen Koffer zulassen kann. Es ist echt eng mit zwei Koffern in einem kleinen Zimmer. Aber das Drumherum ist schön. Wir haben immer noch cooles Wetter. Andreas macht ein Nickerchen und ich setzte mich mit meinem Reisetagebuch in den Hotelgarten...und fange schon mal mit einem Weinchen an. Zwei Tische weiter sitzt ein Pärchen. Er: Typ drahtiger Radfahrer...sie schwarzgelockte Dame...die beiden sind aus Berlin und sie guckt dauernd zu mir hinüber. Ich mache meine Notizen, sonst weiß ich doch am Ende wirklich nicht mehr, was wo war. Auf der Bodenseetour habe ich das auch schon gemacht, da hat mich jemand gefragt, ob ich Schriftstellerin sei und er mich kenne müsste. Also tue ich hier ganz nachdenklich, kaue auf meinem Stift herum...das machen Schriftsteller bestimmt...und winke dem Kellner ein lässiges "aufs Zimmer bitte" zu, als ich hoch gehe, um den Herrn Gemahl zu wecken. Wir wollen im Parkhotel essen, weil Andreas keinen Bock hat wie letzten Abend dauernd abgewiesen zu werden. Wir würden gerne draußen essen. "Leider sind dort alle Tische reserviert", ist die Antwort. Okay...draußen hatten wir auch genug, aber trotzdem bleiben vier von den sechs Tischen bis zum Ende unseres Mahls frei. Gut, das Essen ist lecker, und wir fahren für einen Absacker noch in den Ort. Wir sitzen am Plauer See...sehr interessant alles. Ein Junge von vielleicht 10 Jahren quatscht uns an. Wie es aussieht, sitzen seine Eltern im Restaurant und er hat Langeweile. Wir fragen ihn ein bisschen aus. Also keine Schiffsrundfahrt, keine Bootsfahrten, kein Schwimmen im Wasser...was macht ein Junge in diesem Alter dann hier...Man muss schon irgendwie einen Bezug zum Wasser haben, finde ich, wenn man hier eine Woche Urlaub macht. Die Mutter kommt und der junge Mann bekommt einen Einlauf. Pfui...man sprich schließlich nicht fremde Leute an. Die Eltern sind tätowiert...das sagt doch mal wieder alles. 3. Tag von Plau am See nach Güstrow Das Frühstück ist trotz 4 Sterne recht einfach. Heute morgen dürfen wir draußen sitzen. Und das machen wir auch. Bei 10 Grad...wegen der guten Luft...und aus Protest. Und es fängt gleich mit einer Straße an... 5 km bis Plauenhagen...und nun wird es auch sehr hügelig. Weiter geht es mit Straßen ohne Ende, immer schön hügelig hoch und runter. Heute sind wir mit Jacken und schon bestimmt im Norden unterwegs. Es ist windig und die Sonne hat sich vorübergehend verabschiedet. Komoot hat weiter nichts zu den Straßen zu sagen. Muss sein. Gibt keine andere Möglichkeit. Hallo, Herr Setzkorn...wir denken doch oft an Sie. Die Landschaft ist wenig reizvoll. Die Tour führt durch einige Siedlungen, die wirklich noch DDR-Charme haben. Hier ein bewohntes Haus...da eine Ruine...eine Lagerhalle mit abgemeldeten Autos davor...hier wieder ein bewohntes Haus...das nächste unbewohnt. Wir sehen bis Mittags zwei Fahrradfahrer und einen gemütlichen Opa Pfeife rauchend auf einer Bank vor seinem Haus. Es geht endlos hügelig auf der Straße kilometerlang. Mindestens 20. Komoot meldet sich...es gibt einen Waldweg mit einer schönen Picknickstelle und Blick auf dem Lohmer See. Sehr schön. Im Altstadt-Hotel schlägt das Herz des IT-Spezialisten schneller. Was für eine Fundgrube. Es gibt ein tablet, auf dem man Infos und Sehenswürdigkeiten nachschlagen kann...und jede Steckdose ist mit einem USB Ladeanschluss ausgestattet. Hm...welcher Koffer kann dann heute geschlossen bleiben? Das Zimmer wirkt irgendwie größer als die letzten zwei und hat Boxspringbetten und Bademäntel und Badelatschen im Schrank. Mit uns kommt ein Reisebus an. Unser Hotelmann empfiehlt uns a) ein griechisches Restaurant oder b) ein deutsches Restaurant. Mehr gibts in Güstrow nicht an Gastronomie. Wir entscheiden uns für den Griechen, denn das deutsche Restaurant hat sonntags geschlossen. Als wir nach dem Essen noch einen Absacker in der Kellerbar nehmen wollen, tagt dort der Reisebus. Es wird eine Radtour für den nächsten Tag mit Helmut geplant. Helmut meint: das Leben ist endlich - darum lebe endlich. Recht hat er. Wir ziehen uns auf unsere 16 qm zurück. Hatten wir nicht noch eine Flasche Rotwein? 4. Tag von Güstrow zum Malchiner See Das Frühstück ist mehr als gut. Es gibt sage und schreibe außer Brötchen 3 Sorten Brot. Und bemalte gekochte Eier. Davon mopsen wir zwei. Ach, das Wetter mag uns nicht mehr leiden. Heute nieselt es oft zwischendurch. Ich ziehe mal gleich meine Regenjacke an. Wieder fängt es nett mit einer Bundesstraße an...dieses Mal gibt es ihn...den straßenbegleitenden Fahrradweg...bis zur Baustelle der Telekom...ich sage nur Glasfaser!!! Wir sollen auf die Straße...Andreas nennt die Bundesstraßen mittlerweile Mecklenburger Autobahn. Wir stellen uns ersteinmal unter...warten einen Regenschauer ab...und sind sicher, dass wir das Verbotsschild "Keine Durchfahrt für Radfahrer" ignorieren. Ich sehe eine Familie mit Kindern auf der Straße. Und die Autos rasen wie verrückt. Es nieselt wieder leicht...man kann doch mit den Kapuzen auf dem Kopf eh nicht so gut gucken. Und dann sehen wir es: für ganze 10 Meter Baustelle ist eine Strecke von 4 km gesperrt. Die Arbeiter sind leicht irritiert, wir müssen unsere Räder um Absperrung und Werkstattwagen herum jonglieren. Aber es hat sich gelohnt. So. Ab Schwiggerow wird es netter. Es geht durch Nebenstraßen durch den Wald nach Lübsee und Dersentin. Dann fahren wir durch offenes Ackerland und schöne Alleen. Weiter eine schöne Strecke durch den Wald. Dann gibts mal wieder Kopfsteinpflaster...und ein Stück Panzerstraße. Wir sehen kaum Menschen. Wohnt hier überhaupt jemand ? Eine Siedlung mit 4 Häusern. In jedem wohnt ein Hund. Nacheinander bellen sie uns an. Warum, denke ich, schaffen die sich nicht nur einen Hund an, der dann für alle bellt. Der könnte ja jede Woche woanders wohnen. Ich bin so mit dem Hundethema beschäftig, dass ich fast in Andreas hineinfahre. Eine Sperrung. Hier ist die Brücke nicht mehr passierbar. Also Umweg. Also Straße...Irgendwann haben wir auch den Umweg gemeistert...fahren mal wieder eine Betonstraße. Dann geht es abschüssig durch den Wald nach Karstorf. Wir sind auf dem Skulpturenweg. Interessant! Eine Treppe aus Steinen. Ein Ei aus Stein oben auf. Das ganze heißt Ei auf Treppe. Wie auch sonst. Einen Kopf auf Treppe sehen wir auch unnd noch einige andere nette Kunstwerke. Weiter gehts bergab zum Malchiner See. Wir landen im Hotel Seeschloss in Schorssow. Das Hotel ist eine Enttäuschung. Es liegt nett in einem Park am See. Wir sind im Nebengebäude, welches den Namen Residenz trägt, untergebracht, aber unser Zimmer ist noch nicht fertig. Wir können uns solange ins Cafe setzen, man gibt uns Bescheid. Ich glaube, wir würden heute noch dasitzen, wenn wir uns nicht selbst gemeldet hätten. In nassen Fahrradklamotten wirken wir zwischen den piekfeinen Leuten im Cafe etwas fremd. Nach einer Stunde melden wir uns erneut an der Rezeption. Die Dame weiß schon gar nicht mehr, wer wir sind. Wir wohnen unter dem Dach und müssen die Koffer zwei Etagen hoch schleppen. Wunderbar. Andreas stößt sich gleich am Bett...ich nehme freiwillig das hintere Bett...damit nicht noch schlimmeres passiert. Also - wir sind ja schon öfter mit den Mecklenburger Radtouren gefahren. Aber dieses Mal haben wir nicht so richtig schöne Zimmer - bis auf das Erste in Waren. Und dabei sind wir noch nicht in Stavenhagen!!! 5. Tag von Schorssow bis Stavenhagen Frühstück solala...Unsere unfreundliche Rezeptionistin von gestern hat wieder Dienst. Wir parken unsere Koffer. Letzte Nacht, als ich mal wieder schlecht schlafen konnte, habe ich tatsächlich umgepackt. Jetzt ist alles Wichtige in einem Koffer...nur die Kulturbeutel liegen in dem zweiten bei der dreckigen Wäsche. Meine Regenjacke habe ich jetzt eh immer in der Fahrradtasche. Das Wetter wechselt zwischen leichtes Pieseln und Sonnenschein. Wir radeln erst einmal auf der Dorfstraße von Schorssow in leicht welligem Gelände. Einen schönen Blick haben wir auf den Malchiner See. Dann fahren wir ein bisschen Straße, ein bisschen Betonstraße...und was soll ich sagen: hinter Wendischhagen ist die Brücke für Fußgänger und Radfahrer gesperrt. Wie gut, dass wir Komoot haben. Aber was machen die anderen, die nicht digital unterwegs sind. Es gibt keinerlei Hinweise auf eine Umleitung. Komoot leitet uns wieder zurück auf die nette Straße und zu den 36 km der heutigen Tagestour kommen noch gut 20 km dazu. Wenn die nun schön durch Wald und Flur zu fahren wären... Aber man soll ja überall auch das Positive sehen. Durch die Umleitung fahren wir über Remplin. Dort gibt es einen Fischteich, der stundenweise Öffnungszeiten hat. Vielleicht wirft man für diese Zeiten die Fische vorher ins Wasser? Auf jeden Fall ist viel los. Wie an einer Schnurr gezogen stehen Hund, Mann, Kind und Maus nebeneinander...hallo...Corona...Abstand...und angeln. Wir machen auch einen Abstecher nach Malchin...wären wir auch sonst nicht hingekommen, aber das ist nicht spannend. In Basedow...wir haben die Umleitung gemeistert, finden wir einen Biergarten. He...schon fast nicht mehr dran geglaubt. Im alten Schaftstall kann man Kaffee und Kuchen und Eis oder auch Pommes und Bratwurst schnabulieren und tausend andere Kleinigkeiten wie selbstgemachte Marmeladen, tollen Senf, feine Soßen und auch selbstgebrannten Schnaps kaufen. Wir sitzen draußen, weil gerade mal die Sonne scheint. Weiter gehts nach Stöckersoll. Das geht ganz nett durch einen Wald. Durch eine Siedlung. Ich treffe eine Katze und einen Mann mit Schubkarre. Also...wohnt hier doch jemand. Dann gehts mal wieder auf eine der netten Bundesstraßen ohne Radweg weiter. Ellenlange Straßen...hoch und runter...stundenlang. Zwischendurch Regen...jede Menge Wind. In Demzin haben wir die Wahl: wollen wir weiter Straße fahren...oder die "schwierige Wegstrecke" durch das Tal der Peene nach Zettemin nehmen. Was sagt Komoot dazu. Komoot sagt: nicht die Straße. Und so fahren wir einen netten Waldweg durch das Naturschutzgebiet Ostpeene, der alles ist, aber nicht schwierig. Durch eine kleine Siedlung...und dann kommt wieder eine gesperrte klitzekleine Brücke. Mit rot-weißem Absperrband umwickelt und dicke Felsbrocken versperren uns den Weg. Andreas hat die Schnauze voll. Er fährt 1000%ig nicht mehr zurück. Dazu würde schon überhaupt gar nicht sein Akku reichen. Ich weiß überhaupt nicht mehr wie wir das geschafft haben, ich habe Blut und Wasser geschwitzt, dass unter uns die Brücke zusammenbricht, aber wir haben uns und die Räder hinüberbekommen. Ich war auch leicht angepisst. An der Entscheidungsstelle ein Hinweisschild auf die gesperrte Brücke wäre hilfreich gewesen. Halb sechs in Stavenhagen. Hotel Katzbach. Das ist kein Hotel. Das ist allenfalls ein Gasthof mit Fremdenzimmer. Die Rezeption ist nicht besetzt. Und unsere Koffer stehen einsam und verlassen im Treppenhaus, welches auch der Zugang zum Restaurant ist. Dort finden wir auch eine griechisch sprechende Dame, die uns den Schlüssel zum Zimmer gibt. So ein Zimmer hatten meine Eltern mal 1965 in Ruhpolding, in ihrem ersten Urlaub, der nicht bei Verwandten stattfand. Die Handtücher auf dem Bett sind noch nicht ganz trocken. Und als Andreas sich auf das Bett setzt, biegt sich die Rückwand leicht nach rechts. Hier könnten wir ja nun dank meines Kofferumpackens einen Koffer unten stehen lassen. Aber im Eingang... Andreas ist frustriert...beim Rundgang durch den Ort sehen wir leider nur ein Marktcafe, welches um 19 Uhr schließt... sagt Andreas, der Filou. Also bekommt mein Mann heute seinen Döner, weil wir auf keinen Fall im hoteleigenen Restaurant essen wollen. Im Ali Baba Imbiss sitzen vier von den 40 Räubern...wir müssen etwas warten...dann gibts Essen und Rotwein aus Pappbechern und schon ist mein Mann begeistert. Das ganze Essen mit der Flasche Wein kostet nur 18 €. Da hat er aber toll gesparrt. Sein Pech nur, dass wir auf dem Rückweg am Marktcafe vorbeigehen und seine Frau feststellt, dass dort noch um halb neun das Leben tobt (von wegen um 19 Uhr zu) und unbedingt noch einkehren möchte. Jede Stunde weniger in dem hässlichen Zimmer zählt. So sitzen wir noch nett und süppeln eine Flasche wirklich guten Rotwein aus echten Gläsern. Herr Setzkorn wird uns später erzählen, dass das Hotel Katzbach einst eines der besten Hotels (es gibt zwei!!) am Platz war. Dann sind irgendwann die Besitzer gestorben und die Erben haben das Hotel (einst 4 Sterne) verkauft. Und heute will da keiner mehr übernachten. Bei einem bemühten Frühstück...ich suche verzweifelt ein sauberes Milchkännchen...Andreas hat später ein Herpesbläschen an der Zunge...sind wir froh, dass wir weg können. Aber vorher rufe ich noch bei der Mecklenburger Radtour an. So ein Zimmer geht gar nicht. "Was wollen Sie", sagt Frau Mecklenburg, "schließlich haben Sie Standard gebucht." Was heißt hier schon Standard. Konnte ich überhaupt etwas anderes buchen.?! Wenn ich ein Gästezimmer und eine Besenkammer zu Hause habe, kann ich dann das Gästezimmer de luxe nennen und die Besenkammer Standard? Und überhaupt ist nichts transparent. Vielleicht bekommen wir ja Standard minus oder so. So oder so: dieses Zimmer in Kotzbach, ähh Katzbach geht nicht. Nie und Nimmer. Das alles soll ich nach der Reise schriftlich bei der Mecklenburger Radtour formulieren. Sie sind immer dankbar für Kritik. Jetzt bin ich angestochen und schaue bei google nach, was überhaupt Standard heißt. Also: bei einem Doppelzimmer 16-18 qm und für jedes Bett muss auch eine Sitzgelegenheit vorhanden sein. Das war ja schon einmal im Sporthotel nicht. Und ein Standard muss in einem 4-Sterne-Hotel auch besser sein als im 3-Sterne. Wahrscheinlich noch ein Duschgel statt nur Seife. Oder vielleicht ein Nähset. Meins ist ja dem ausgelaufenen Shampoo zum Opfer gefallen, und Andreas braucht unbedingt Nähzeug für irgendeine Ärmelnaht. Er rechnet fest damit, im nächsten größeren Ort fündig zu werden. 6. Tag von Stavenhagen nach Neubrandenburg Wir verlassen Stavenhagen und sind ziemlich schnell in Wald und Flur. Wir fahren durch den Tiergarten von Ivenack. Das ist total schön. Hier stehen richtig viele alte Eichen. Eine ist schon 1000 Jahre alt. Durch den Nordausgang des Tiergartens kommen wir zum Dörfchen Ivenack. Das ist sehr idyllisch, wenn auch Betonstraße. Dann kommt eigentlich eine nette Strecke. Es geht über Nebenstraßen nach Gützkow, Tützplatz und Pripsleben. Was für Namen. Keine Bundesstraße! Aber wieder einmal gibt es eine Sperrung. Die Bahnunterführung in Altentreptow ist nicht passierbar. Wie gut, dass wir Komoot haben. Wir fahren mal wieder -zig km Umweg über eine Bundesstraße. "Scheiß Autobahn," flucht Andreas. In Altentreptow kommen wir an einem Lokal vorbei, welches zwei Mittagsgerichte anbietet. Es ist schon nach zwei, aber wir bekommen noch etwas zu essen. Es nieselt wieder leicht, aber wir sitzen draußen unter einem Schirm und lassen es uns schmecken. Andreas ist begeistert, dass "wir so billig davon gekommen sind." Es geht weiter nach Teetzleben...natürlich Straße...dann bekommen wir mal einen straßenbegleitenden Radweg...und dann wird es richtig schön: wir fahren durch das Tollensetal, es gibt Schrebergärten, wir fahren am Kuhdamm vorbei...wunderschöne Strecke. Ich verhaspel mich mit dem schwierigen "Tollensesee" oft. Andreas verbessert mich ständig: es heißt Tollensee...du sprichst immer ein "se" zuviel. "Das kann gar nicht sein," erwidere ich, "das steht hier schwarz auf weiß." Es wird wieder ungemütlicher, als wir durch die City von Neubrandenburg müssen, aber dann liegt der Tollensesee - da ist es wieder - vor uns. Sieht das stark aus. Am See liegt das Badehaus. Ein 3-Sterne-Hotel. Mit Lift und Balkon. Zimmer ist wieder mini...aber zwei Sitzgelegenheiten - mit den Balkonstühlen sogar vier!!! Alles passt. Hier gefällt es mir. Wir wollen in den Ort...Neubrandenburg...ein bisschen shoppen vielleicht? Andreas will ein Nähset finden. Die Welt hat uns wieder. Hier gibt es alles was das Herz begehrt...Geschäfte, Imbissbuden, eine Citygalerie...einen Edeka...nur kein Nähset für Andreas. Schwere Zeiten brechen an. Und wir haben auch schon wieder Hunger. Andreas will einen Döner. Nee, da streike ich...Döner war gestern. Wenn dann Pizza...Andreas fragt mal Komoot. Komoot weiß alles. Komoot warnt vor Pizzeria...ganz mies. Aber hat eine Empfehlung für uns: Mudder-Schulten-Stuben. Es weist uns auch den Weg dahin. He...ist das schön hier. Danke...Komoot. Wir dürfen auch sitzen...sogar draußen, ohne Reservierung. Das Restaurant mit einem schönen Garten liegt etwas stadtfern...also für Touristen nicht einfach auf der Strecke. Andreas jammert: schon wieder muss er Geld ausgeben. Ich verspreche, ich esse nur einen Salat. Ob ich denn nicht an seinen Hunger denken würde. Wie jetzt...Hunger oder Geld sparen...beides geht nicht...umsonst gibts hier nichts. Ohne Nähzeug, aber satt und zufrieden radeln wir zum Tollensesee zurück. 7. Tag von Neubrandenburg - Neustrelitz Andreas duscht und ich sitze auf dem Balkon mit Blick auf eine Badestelle am See. Da sind zwei im Wasser. Sind die etwa NACKT?! Krass...und das morgens um sieben. Das Frühstück ist das Beste. Und jetzt frage ich die Frau Hotel. "Was ist falsch an meinem Tollensesee? Sie lacht: "Sie müssen das "LENSE" betonen, also nicht "Tollen" von "TOLL" sondern Tollense, so heißt der Fluß. Und hier ist das Tal der Tollense mit See." "Siehste", sage ich zu Andreas. Mein Mann ist wichtig und muss noch ein paar mails checken...und die Welt retten...ich spaziere am Tollensesee entlang. Das macht jetzt, wo ich es richtig aussprechen kann, ja noch mehr Spaß. Dann starten wir unsere heutige Tour. Sie geht am See entlang. Am Tollensesee!!! Und jetzt, wo wir wieder aus dem Norden heraus sind, sehen wir auch mehr Radfahrer...und überhaupt mehr Menschen. Wir fahren am Freibad vorbei und einen wunderschönen Waldweg hoch und runter mit leichtem Regen. Kurz vor Usadel, mittlerweile sind wir wieder auf einer Straße gelandet, hat Andreas mit seinem Rad Probleme. Ein Golfplatz ist in der Nähe. Im dortigen Vereinshaus sind gerade Rasenmäh- und Aufräumungsarbeiten im Gange...Andreas fragt, ob er sein Fahrad hier reparieren dürfte. Mittlerweile scheint die Sonne...und während mein Mann am Fahrrad herumschraubt, hole ich mir einen Stuhl vom Außenanlagengolfbistro und nehme ein Sonnenbad. Trotz des ewigen Hoch und runter...trotz des immer auf den Akku achten...reicht es bis zum Ziel?...trotz des immer wieder auftretenden Regens, trotz der vielen Straßen habe ich die Tour genossen...und bin ein bisschen traurig, dass sie schon morgen zu Ende sein wird. Andreas Rad ist okay...wir benutzen noch die Golftoilette (nur für Mitglieder)...und sind wieder auf einer Straße und tatsächlich haben wir heute einen straßenbegleitenden Radweg. Ich glaube, den gibt es nur im Norden nicht. Dieser ist für einen straßenbegleitenden Radweg sogar sehr schön. Uns trennen mindestens 20 m von der Straße, und wir fahren zwar sehr hügelig aber auch durchs Grüne. Jetzt wird es noch einmal sehr bergig...Mensch...sind wir hier im Sauerland?...und oben in Hohenzieritz wartet dann ein Radlercafe auf uns. Weil sich gerade mal wieder die Sonne blicken lässt, sitzen wir im Garten vom Radlercafe...liebevoll dekoriert, und wir essen zum Milchkaffee und Radler einen spanischen Pflaumenkuchen. Er sieht besser aus, als er schmeckt. Dann wieder die Straße hoch und runter...heute ist die B96 unser ständiger Begleiter. Irgendwann verabschiedet sich die B und wir fahren tatsächlich noch eine schöne Strecke durch ein Naturschutzgebiet, ziemlich kurvenreich. Ab Blumenholz ist dann die B96 wieder unser Freund, und wir kommen mit leichtem Regen im Hotel "Schlossgarten" an. Der Schlossgartenchef ist total nett. Wir bekommen Verlängerungen und Steckdosen für unsere Akkus...der Garten ist wunderschön mit Sitzecken...einem Gemälde und Riesenvogelhaus und einer betenden Statue ...aber unbenutzbar...weil nass. Als es aufhört zu regnen, machen wir uns auf den Weg, um "zum Fischer" zu finden. Der Tipp kommt dieses Mal nicht von Komoot, sondern vom Hotelchef. Schön, dass gerade die Sonne scheint, denn unser Hotelmann meint, da ist nur schön wenn man draußen sitzen kann. Er hat Recht: drinnen eher Imbissbude, können wir aber draußen zwischen Gras und Schilf und Bäumen am Zierker See auf Holzbänken lecker Fisch essen. Alles richtig gemacht. Anschließend bummeln wir noch durch den Park und checken das Wetter für morgen. 8. Tag von Neustrelitz nach Waren...oder nicht?! Regenwahrscheinlichkeit 98 %...wenn es überhaupt aufhört, dann spätnachmittags. Zu spät für unser Auto. Ich kann mir soeben noch ein "siehste" verkneifen. Andreas hat komische Ideen: er will selbst um fünf Uhr in der Früh los fahren, um pünktlich anzukommen. Wir haben ja nun die vergangenen Tage feststellen müssen, dass es in Mecklenburg sehr bergig ist und hier nichts schnell geht, wegen Sperrungen, Wind und Regen. Und ich soll nachkommen und kann mir Zeit lassen. Andreas kann ja auch das Auto alleine abholen. "Krieg ich dein Komoot," frage ich. Das braucht der Herr natürlich selber. Meine Idee finde ich viel besser: wir verlängern einfach und holen das Auto Montag ab. Das gefällt Andreas nicht. Bei Regen fahren? Wir haben zwar Regencapes, aber nicht wie unser Nachbar im Hotel eine komplette Regenausrüstung...und was wir definitiv nicht haben ist die Zeit. Also Zug fahren, pünktlich ankommen...und das machen wir dann auch. Ich bin nicht sehr zufrieden, muss ich doch alle Wege...aber das hatten wir ja schon. Und was das wieder kostet... Viele andere Radfahrer setzen auch wegen des Regens ihre Reise mit der Bahn fort. Aber die Mecklenburger Regionalbahn ist wohl auf Radfahrer eingestellt. Es ist reichlich Platz für alle. Immer noch im Regen kommen wir in Waren an, fahren die paar Meter zu unserem Hotel...beichten, dass wir heute Zug gefahren und deshalb schon so früh da sind. Zimmer ist um 11 Uhr natürlich noch nicht fertig, wir dürfen aber unsere Fahrradsachen im Hotel lassen und fahren in den Ort, einmal um eine Zwischenmahlzeit einzunehmen und zum zweiten ist Andreas immer noch auf der Suche nach einem Nähset. Nun sind wir zwar bald zu Hause...was will er noch nähen...aber bitte schön. Wir schauen immer mal wieder aufs Handy...der Regen verspricht aufzuhören. So ab 12 Uhr. Da hätte man ja jetzt schön von Neustrelitz aus noch radeln können, wenn die Sache mit dem Auto nicht gewesen wäre. Ach ja...das ich auch immer nörgeln muss. Wenigstens erreiche ich, dass wir nicht an der Bundesstraße nach Sietow fahren, sondern gemütlich den Fahrradweg am See nehmen, so wie es der Anfang unserer 1. Tagesetappe vorhatte. Das dauert etwas länger, aber jetzt haben wir ja jetzt die Zeit. Herr Setzkorn grinst uns an: "Na, wie wars im Norden...so ohne Biergärten?" Also, Herr Setzkorn, Sie hätten ja wirklich mal schnell einen Biergarten oder ein Hofcafe für uns irgendwo hinsetzen können. Zeit genug hatten Sie ja...Wir berichten von Kotzbach, ähh Katzbach ...und vom Badehaus am Tollensesee...ach, ich möchte es immer wieder sagen...Tollensesee!!! Herr Setzkorn mag Neubrandenburg nicht, aber kennt das Badehaus...und das gefällt ihm auch. So, das Auto ist unser...Gepäckträger und Räder sind drauf...wir fahren als erstens zur Tankstelle und die Fahrräder bekommen eine kleine Wäsche. Mittlerweile scheint die Sonne...Regen ade...und wir können im Hotel einchecken. Andreas flirtet mit der Rezeptionistin und was hat er denn da in der Hand. Ein feines, sehr feines Lederetui...ihr erratet es kaum: mit Nähutensilien. Das ist aber schön. Das will ich. Unbedingt. Ja...Kotzbach...da nimm dir mal ein Beispiel dran. Nachdem Andreas seine Näharbeiten beendet hat, und ich das schöne edle Nähetui eingesackt habe, gehen wir mit einer Flasche Rotwein und unseren Plastikbechern in den Schaugarten. Da sind viele Blumenrabatte...bekannte und seltene Pflanzen und Kräuter zu sehen. Zwischen den Bäumen stehen vereinzelt Bänke. Ganz nah am Wasser finden wir eine freie Bank und haben einen Blick auf das andere Ufer...und Spaß, weil wir die Leute gegenüber beobachten. Besonders zwei Häuser finden unsere Aufmerksamkeit. 1. Haus: ältere Frau mit jüngerem Mann...sie sitzen regunslos...dass ich schon zweifele, ob die echt sind. Im 2. Haus deckt eine ältere Frau den Tisch...später kommt ein Mann dazu...Nun kommt ein mittelalter Mann in den Garten vom 1. Haus...und setzt sich zu der älteren Frau und dem jüngeren Mann und es kommt ein hitziges Gespräch zu stande. Ich kombiniere: Mutter, Sohn, Enkelsohn...der Enkelsohn soll mal die Apotheke des Vaters übernehmen...will aber nicht...und die Großmutter unterstützt das. "Warum denn Apotheke," sagt Andreas, "bestimmt will er nur Geld von ihr - jetzt gerade sagt sie ihm nämlich, dass er nichts bekommt." Ich wundere mich: "liest du das von den Lippen ab?" "Vielleicht", sinniere ich, "hat er auch jemanden umgebracht...und Vater oder Großmutter sind sich nicht einig, ob er zur Polizei gehen und gestehen soll oder nicht." Eine mittlere Frau erscheint...und bringt unser Konzept durcheinander. Was jetzt: Tochter oder Schwiegertochter? Die ältere Frau fängt an, die Blumen zu gießen...und der Enkelsohn immer hinterher. Will er sie ins Wasser stoßen. Unter Zeugen!!! "Quatsch," sagt Andreas, "er passt nur auf, dass sie nicht ins Wasser fällt." Inzwischen sind drei Schwäne zu sehen, die vom Mann aus dem 2. Haus gefüttert werden. So wie die Schwäne zielstrebig an das Ufer schwimmen, ist das ein Ritual...bekommen sie wohl die Reste vom Abendbrot? Apropo Abendbrot. Unser Tisch wartet auf uns. Wir schauen noch mal eben dem Schwimmer zu, der war letzte Woche auch schon da...bevor der Mann ins Wasser klettert, seift er sich erst einmal ordentlich ein. Aber heute ist auch eine Frau dabei. Beide sind nackelig und die Frau duscht vorher nicht. Jetzt wirds aber Zeit für unser Abendessen. Es ist wenig, aber lecker...wir verdrücken beide auf dem Zimmer noch ein Twix zum Nachtisch...hören noch der Band, die auf der Freilichtbühne spielt, zu - der Sänger "will die Sonne sehen"...aber doch nicht mehr um neun Uhr abends... Unser letzter Tag...eigentlich ohne Radtour. Aber da wir gestern fast faul waren, und mir irgendwie die letzten 55 km unserer Radtour fehlen, vor allem, seit ich in der Beschreibung gelesen habe, dass die ganze Tour ohne Bundesstraße auskommt, nur durch Wälder und an Seen entlang geht und ausschließlich aus Fahrradwegen besteht, schließen wir einen Kopromiss. Wir fahren rückwärts bis Boek, das sind ca. 25 km, also die Hälfte der gestrigen Tagesetappe. Und wir haben Glück. Den ganzen Tag über soll die Sonne scheinen. Wunderbar schön geht es am Tiefwarensee los, ellenlang durch den Wald, vorbei am Specker See, ganz klein, und dann am Müritzer See bis Boek...auf dem Rückweg durch den Nationalpark, und wir machen Pause in der "bunten Kuh"...sitzen draußen und essen lecker. Viele Menschen sind unterwegs. Für Morgen ist wieder Regen angesagt und alle wollen noch einmal das Wetter ausnutzen. Zurück am Hotel drehen wir noch eine Runde um den Tiefwarensee...das sind ca. 11 km...auch sehr schön...und abends müssen wir noch einmal in den Schaugarten...unsere Bank ist noch frei. Andreas hat ein kleines Picknick mit: Apfel und Mettwurst. Mir reicht der Rotwein, den wir wieder dabei haben. Gegenüber ist Ruhe eingekehrt...nur der nackerte Schwimmer von gestern ist wieder da...dieses Mal ohne Begleitung. Ob wir noch einmal zum Ratskeller gehen. Vielleicht hat der verrückte Kellner Dienst. Wir gehen zwar am Ratskeller vorbei, aber heute zieht es uns mehr Richtung Hafen. Den haben wir uns beim letzten Mal gar nicht so richtig angesehen. Auch hier reiht sich ein Lokal an dem anderen, und nach einigem Hin- und Hergelaufe sitzen wir noch beim Italiener für ein Weinchen. Andreas lauscht einer Dame, die "gerne immer soviel trinkt, dass sie noch weiß, was sie tut..." Heim gehts am nächsten Morgen nach einem leckeren Frühstück. Andreas ist schon von Anfang an müde, so dass ich fahre. In einer Pause isst er beim Burger King einen Burger...danach ist ihm schlecht. So fahre ich die ganze Zeit alleine...und da bei uns die Musik bestimmt, wer fährt, höre ich Reinhard Mey...8 Stunden...ziemlich cool. Nachdem wir alles ausgeladen haben, die Koffer und Fahrradtaschen unser Wohnzimmer blockieren - Andreas geht es wieder besser - sagt doch mein Mann zu mir: "wenn du Hilfe beim Kofferauspacken brauchst, melde dich" ...und verschwindet im Arbeitszimmer. Wie 1971 ist das denn???
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